Ecstatic Dance in Ubud: Mein persönlicher Erfahrungsbericht.

von Julia Beckert
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Eine Freundin hat mich mal gefragt, ob ich mit ihr in die Berge fahre. Auf einen einsamen Gipfel, nur um zu schreien und alles was sich angestaut hat, rauszulassen. Gemacht haben wir es nie und andere Wanderer wären sicherlich auch nicht sonderlich erfreut gewesen, wenn jemand die so ersehnte Bergruhe stört. Ich habe einen anderen Ort gefunden, wo es okay ist, einfach mal zu brüllen, schreien, jubeln, weinen, tanzen. Einen Ort, wo jeder einfach nur sein kann und sich nicht sorgen muss, was andere denken. Der Ecstatic Dance in Ubud war definitiv eine Erfahrung, die mir jetzt wo ich das schreibe noch unter die Haut geht. Und Halleluja, musste ich dafür meine Komfortzone verlassen!

Das Handy musste übrigens in der Tasche bleiben. Deshalb muss dieser Artikel dieses Mal ohne die üblichen Bilder auskommen. Aber dafür hast du ja deine eigene Vorstellungskraft. 🙂

Viel los im Yoga Barn

Ich sitze im Yoga Barn, meinem Zuhause für die nächste Woche und genieße mein Frühstück nach einer sehr intensiven und entspannenden Yoga Stunde. Irgendwas ist anders als die Tage davor. Statt den üblichen Jungle Geräuschen unter die sich sonst höchstens das Klappern des Bestecks mischt, empfinde ich das “Garden Kafe” heute als sehr laut und lebhaft. Ich schaue mich um und bemerke, dass es nicht nur lauter als sonst ist, sondern deutlich voller. Meine Gedanken werden unterbrochen. Jemand fragt, ob ich auch mit zum „Dance“ komme.

Zum was? „Ecstatic Dance“ meint sie weiter. „Das ist DIE Attraktion in Ubud. Deshalb ist hier auch so viel los“. Nach einer kurzen Erklärung und einigen motivierenden Worten stehe ich auf und versuche eine der letzten Karten für den Ecstatic Dance in Ubud zu ergattern. Dafür stehen die Leute nämlich schon über zwei Stunden vor Beginn an! Ich habe Glück und kurze Zeit später das Ticket für eine der verrücktesten Erfahrungen, die ich bisher machen durfte, in meiner Hand.

ecstatic-dance_in_Ubud_Bali_Yoga-Barn_BerichtMänner, Frauen, Jung und Alt: Alle wollen Tanzen!

Ich finde mich in dem Yogaraum wieder, indem ich wenige Stunden vorher noch etliche Yogaposen geübt habe. Auch das Outfit trage ich immer noch, aber das scheint beim Ecstatic Dance in Ubud egal zu sein, denn hier trägt jeder was er möchte. Ich schaue die 150 Menschen an, die voller Vorfreude und Hingabe mit mir im Raum stehen. Zwischen die größtenteils jungen Erwachsenen mischen sich zwei Kinder und einige „ältere“ Leute. Mich wundert vor allem der doch recht gut vertretene Männeranteil, schließlich kenne ich wirklich niemanden in meinem Freundeskreis, der sich auf sowas auch nur im Traum einlassen würde.

Ein DJ steht am Pult und fängt an, mit treibenden Bässen die Menge in Bewegung zu versetzen. Nein, hier wird nicht einfach nur getanzt. Hier werden Emotionen rausgelassen! Ich setze mich an den Rand und frage mich für eine ganze Weile, wo ich hier eigentlich gelandet bin und was ich zwischen all den seltsamen Leuten mache. Einige räkeln sich am Boden, andere lassen sich vom Beat von Yogapose zu Yogapose treiben und andere stehen mit geschlossenen Augen da und fühlen einfach den Vibe. Natürlich gibt es auch genügend Leute, die einfach nur tanzen. Selbst das scheint für mich in diesem Moment jedoch eine unbesiegbare Hürde zu sein, denn wann macht man sowas schon mal bei Tageslicht und noch dazu nüchtern? Tanzen wir nicht hauptsächlich in Clubs? Beschwipst oder so verklemmt, weil man natürlich positiv auffallen möchte?

Ecstatic Dance in Ubud: Ein Tanz nur für dich selbst.

Das Mädchen, das mich ermutigt hat, mitzugehen sieht mich etwas schockiert am Rand sitzen. Sie kommt zu mir und flüstert mir ins Ohr „Nicht sprechen, schließ deine Augen wenn du magst und denk daran, der Tanz ist nur für dich“. Sie taucht wieder in der Menge unter, die einem einzigen pulsierenden Energieball gleicht. Der Beat wird immer mitreißender und irgendwann fühle ich mich doch dazu verleitet, ganz leicht mitzuwippen. Was macht mir nur so eine Angst? Die Hingabe, mit der alle zum Sound der Musik einfach ihrem Körper folgen? Die schrägen Vögel, die anfangen wie Wölfe zu jaulen? Die Tatsache, dass das die wohl schrägste Situation ist, in der ich mich selbst bisher wiedergefunden habe?

Reisen bedeutet Grenzen zu überschreiten. Auch die eigenen. – Wanda Rezat

Plötzlich erinnere ich mich daran, welche positiven Erfahrungen ich die letzten Tage gemacht habe, indem ich einfach offen war und mich drauf eingelassen habe. Was soll schon passieren? Ich stehe auf und langsam, ganz langsam beginne auch ich, mich einfach nur mitreißen zu lassen. Die nächsten 90 Minuten gibt es nur mich und die Musik. Je mehr Zeit vergeht, umso wohler fühle ich mich mit der Situation und vergesse die 150 fremden Menschen, die gerade dieses Erlebnis mit mir teilen. Der DJ entführt uns mit seiner Musik auf eine Reise. Verschiedene Genres werden gespielt. Leise, laut, langsam, schnell. Zwischendrin bricht die Menge in ungehaltene Jubelschreie aus. Neben mir brüllen zwei Menschen aus vollem Hals und liegen sich danach lachend in den Armen. Hier scheint das niemanden zu verwundern oder zu stören. Ein Pärchen steht am Rand, eng umschlungen und bewegt sich die nächste Stunde nicht. Irgendwo weint jemand.

Glücksgefühle, Freudentränen, Gänsehaut.

Als ich mich gerade and die skurrilen Szenen gewöhnt habe und meinen eigenen Flow gefunden habe, wird die Musik immer langsamer. Ich schließe die Augen und höre einfach nur zu. Immer leiser, immer langsamer, bis plötzlich alles nur still ist. Da war wieder das übliche Geräusch des Dschungels, das ich am Morgen vermisst habe. Zirpen, Quaken, Rascheln. Sonst nichts. Ich atme tief ein und aus und plötzlich beginnt eine Frau in der Mitte des Raumes Gitarre zu spielen. Sie singt so unfassbar schön, dass mir vor lauter Überwältigung nun selbst eine Träne runterläuft. Irgendwann stimmen alle mit ein und 150 Menschen singen aus vollem Hals gemeinsam das in diesem Moment wohl schönste Lied der Welt. Glücksgefühle, Freudentränen, Gänsehaut.

Zum Abschluss finde ich mich in einem großen Kreis wieder. Alle Menschen halten sich an den Händen. Hier ist egal wer du bist, was du machst, wie du aussiehst, wie du dich bewegst oder wie viel du deinen Besitz nennen kannst. Alle lächeln erlöst und aus tiefster Zufriedenheit in die Runde und spüren diese unglaubliche Energie und Liebe, die in diesem Moment im Raum schwebt. „Rise this Energy up“ sagt der DJ, der nun mit uns im Kreis sitzt. Wir reißen alle die Hände in die Luft und jubeln! Was für ein Gefühl!

Noch etwas benommen mache ich mich auf den Heimweg. Auf Gespräche habe ich keine Lust, auch wenn es an diesem Tag wohl sehr leicht gewesen wäre, neue Kontakte zu knüpfen. Ich will bei mir sein und das, was ich da gerade erlebt habe verarbeiten. Erst als es um mich wirklich still wird und ich den Blick über die Reisfelder schweifen lasse, merke ich, was die letzten 90 Minuten mit mir gemacht haben. Erlöst, befreit, glücklich und auch ein kleines Bisschen stolz, über meinen Schatten gesprungen zu sein und einfach mal was Neues ausprobiert zu haben, lächle ich in mich hinein und freue mich schon auf das nächste Mal.

ecstatic-dance_in_Ubud_Bali_Yoga-Barn_BerichtEine Erfahrung zum Wiederholen: Ecstatic Dance in Ubud.

Eine Woche später ist es soweit. Ich bin extra früher aus Uluwatu abgereist, um am Ecstatic Dance in Ubud teilzunehmen. Die unbeschwerte Leichtigkeit und das unendliche Glücksgefühl, das jegliche Sorgen und Stress vertrieben hat, wirkte für mich wie eine einzigartige Glücksdroge nach der ich nach einmaligem Konsum süchtig wurde. Süchtig nach mehr Tanzen. Süchtig nach mehr aus mir rauskommen, mehr loslassen, mehr ich selbst sein.

Beim zweiten Ecstatic Dance in Ubud widmen wir all unsere Energie und Liebe einer kleinen Palme in der Mitte des Raumes. Ein Verwandter des DJ’s ist an Krebs erkrankt und nachdem die Pflanze all die positiven Wünsche aufgenommen hat, soll sie am nächsten Tag im Garten des Kranken eingepflanzt werden. Wir tanzen für die Gesundheit, für Liebe, für Hoffnung und für all diejenigen, die gerade nicht tanzen können. Dankbarkeit und sämtliche Emotionen kommen in mir hervor. Wer will, kann neben der Palme und ein paar Kerzen Platz nehmen und all seine guten Wünsche an all jene schicken, die Heilung gebrauchen können. Ein schöner Gedanke, der bei all der positiven Energie hoffentlich Wirkung zeigen wird.

Der zweite Ecstatic Dance in Ubud wird wie auch der dritte, dem ich mich wenige Tage später anschließe immer mehr zur Normalität. Die Hemmungen, die ich in der ersten Stunde noch hatte, sind wie weggefegt und ich wundere mich, warum es mir am Anfang so schwergefallen ist, loszulassen. Es fühlt sich an wie heimkommen. Gleichgesinnte umarmen einen, freuen sich, dass du wieder da bist und nach bereits einer Woche hatte ich das Gefühl, Teil einer wunderbaren Community zu sein. Eine Community, die ich samt Ecstatic Dance gerne mit nach Deutschland genommen hätte.

Oh, du wunderbares Bali!

Das war der dritte und letzte Artikel dieser Bali-Serie. Ich werde im Dezember bereits ein weiteres Mal diese wunderbare Insel besuchen und den Pyramids of Chi (von denen ich dir hier erzähle) einen Besuch abstatten. Auch der Ecstatic Dance in Ubud wird selbstverständlich nicht fehlen. Wenn du meinen Artikel “Instagram Wahnsinn Bali: Zwischen Respektlosigkeit und Irrsinn” noch nicht gelesen hast, schau doch super gerne mal mit einem Klick vorbei. Der Artikel ging durch die Decke und ist der erfolgreichste, den ich je geschrieben habe. Vielleicht berührt er dich genauso wie all die anderen Leser! Auch die Diskussionen in den Kommentaren sind sehr spannend und geben einige wichtige Impulse.

Jetzt bleibt mir nur noch wie immer eines zu sagen: Wenn dir der Artikel gefallen hat, würde ich mich wahnsinnig freuen, wenn du ihn teilst oder mir deine Meinung in einem Kommentar dazu mitteilst. Ich würde mich freuen, zu erfahren, ob du dir den Ecstatic Dance auch in Deutschland vorstellen könntest und ob du selbst schon mal nüchtern so richtig aus dir rausgegangen bist. Folge mir auch gerne auf Instagram oder Facebook. So hilfst du mir ungemein weiter und machst mir eine riesige Freude! Alles Liebe!

Deine Julia

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