Heiß diskutiert: Der Verdienst einer Wiesnbedienung
Jedes Mal wenn ich erzähle, dass ich als Bedienung auf der Wiesn arbeite, werde ich mit unzähligen Fragen gelöchert: Trainierst du vorher? Wie bereitest du dich vor? Wie viele Maß schaffst du? (Gefolgt von) Waaas? ist das nicht total schwer? Lohnt sich das? Wie viel verdienst du denn da? Stimmt es, dass das Geld für ein Jahr reicht und du dann gar nicht mehr arbeiten musst?
Spätestens dann denke ich wieder: „Oh man, wer hat denn dieses Gerücht in die Welt gesetzt?“ oder „Oh man, ich wurde wohl in der falschen Zeit geboren!“ Denn eines ist schon mal sicher: Vom Wiesn Gehalt kann weder ich noch sonst eine Bedienung ein ganzes Jahr leben. Höchste Zeit also, mit dem Mythos Schluss zu machen und euch das Thema „Verdienst einer Wiesnbedienung“ genauer zu erklären.
Der Verdienst einer Wiesnbedienung hängt von vielen Faktoren ab
Ihr könnt es euch bestimmt denken: Regnet es die meiste Zeit des Oktoberfestes, schauen die Biergartenbedienungen wahrscheinlich nicht so glücklich aus der Bluse oder aus dem Hemd heraus. Regen = Weniger Gäste = Weniger Umsatz = Weniger Verdienst! Im Gegenzug kann natürlich eine sonnige Wiesn für einen prall gefüllten Geldbeutel sorgen. Auch von Zelt zu Zelt gibt es natürlich Unterschiede. Doch nicht nur da: Selbst innerhalb der Zelte gibt es verschiedene Bereiche, die mit mehr oder weniger Umsatz (und dementsprechend auch Geld) locken. Wo es am besten ist, habe ich leider noch nicht herausgefunden. Das liegt an zwei einfachen Gründen: 1. Ich arbeite immer in der gleichen Station und habe deshalb keine Vergleichswerte. Und 2. redet niemand über den Verdienst einer Wiesnbedienung.
Der Irrglaube „Stundenlohn“
Wie verdutzt einige aus der Wäsche gucken, wenn ich sage, dass Wiesn-Kellner keinen Stundenlohn erhalten, ist mir immer wieder ein Rätsel. Vielleicht auch nur, weil es für mich schon selbstverständlich ist, am Umsatz beteiligt zu sein. Ich erkläre es mal so: Bedienungen arbeiten quasi als Selbstständige und kaufen die Ware (sprich Bier und Essen) ein. Dafür zahlt die Bedienung einen Preis, der etwas unter dem in der Karte angegebenen Preis liegt. Die Differenz die sich daraus ergibt ist der Lohn! Dabei würde es auch bleiben, gäbe es nicht eine tolle Sache: Trinkgeld!
In Deutschland ist es üblich, 10 % Trinkgeld zu geben, sofern mit dem Service alles in Ordnung war. Ist man äußerst zufrieden, darf da natürlich gerne aufgestockt werden. Das Gleiche gilt natürlich auch auf der Wiesn: Selbst nach 16 Tagen purem Stress sieht man die Bedienungen noch freundlich und flink durch die Gänge huschen. Selbst wenn im großen Gewusel mal das Gesicht „entgleist“ sollte das noch lange kein Grund sein, das Trinkgeld zu kürzen. Schließlich lebt die Bedienung davon und je glücklicher sie ist, umso breiter wird ihr Lächeln und umso schöner damit der Aufenthalt für den Gast.
Meistens kann man sich über das Trinkgeld auch nicht beklagen. Doch trotzdem geben manche gerade mal einen läppischen Betrag von 5 Cent pro Mass und wissen es noch nicht mal!
Die Sache mit den Marken
Jeder kennt sie: Die (Papier-)Marken. Egal ob Bier, Hendl oder andere Wertmarken – sie sind wie Bargeld zu behandeln und meist erhalten sie Brauereien oder Reservierungen. Was viele nicht wissen: Es gibt zwei Arten von Marken! Steht beispielsweise „Inklusive Bediengeld“ auf der Marke, entspricht der Wert dem vollen Bierpreis. Anders ist es jedoch bei den Marken „Exklusive Bediengeld“. Diese haben einen bestimmten Wert, der unter dem des Bierpreises liegt. Um ein Bier zu erhalten, muss das Bediengeld, das meist knapp unter einem Euro liegt, draufgezahlt werden. Dieser Betrag ist allerdings KEIN Trinkgeld! Entspricht dieser Betrag z. B. 95 Cent und ihr legt einen Euro drauf, habt ihr für den freundlichen Service plus Stress und körperliche Anstrengung gerade mal fünf Cent Trinkgeld gezahlt. Ich bin sicher, das macht niemand böswillig. Es weiß einfach kaum jemand.
Warum manche Bedienungen grantig werden
Ihr ahnt es bestimmt schon: Wenn der Verdienst einer Wiesnbedienung vom Umsatz abhängt, gibt es ein paar Situationen, die sogar die netteste Bedienung ungeduldig werden lassen. Solche Situationen können sein:
- Ihr nuckelt seit Stunden an einer Maß oder teilt euch zu zehnt drei Radler.
- Ihr versteht einfach nicht, warum die Bierbank bis auf den letzten Platz vollgemacht wird. (Ja, es haben tatsächlich 10 Leute Platz pro Tisch!)
- Die Hälfte eurer Gruppe ist permanent beim Rauchen oder Achterbahn fahren und der Tisch somit leer.
- Ihr kommt morgens ins Zelt und freut euch schon, abends der letzte auf der Bierbank zu sein, trinkt aber erstmal nichts oder nur Wasser.
- Ihr schlaft auf der Bierbank ein.
- Ihr bestellt alle einzeln und die Bedienung quetscht sich ständig wegen einer Maß durch die Menschenmenge (Kann pro Strecke schon mal fünf bis zehn Minuten dauern, wenn viel los ist).
- Ihr sorgt dafür, dass sie schon wieder Sägespäne holen muss (Fragt bitte nicht wofür!).
Ihr seht, es gibt viele Faktoren, die dem vermeintlichen „Jahresverdienst“ einen Strich durch die Rechnung machen. Trotzdem sind diese Situationen eher die Ausnahme und bisher konnte ich mich nie beklagen. Die gute Laune auf dem Oktoberfest verdirbt mir so schnell keiner! Doch natürlich macht es viel mehr Spaß, wenn auch das Geld am Ende stimmt.
Und was mache ich mit dem Wiesn Verdienst?
Wie jedes Jahr ist der erhoffte Verdienst schon wieder komplett verplant. Natürlich wird immer ein Teil für den obligatorischen Entspannungs-Urlaub ausgegeben. Doch dieses Jahr fällt der kleiner aus, schließlich stehe ich kurz vor dem Ende meines Studiums und würde gerne mit möglichst wenigen Schulden ins Arbeitsleben starten. Das Bafög zahlt sich schließlich nicht von alleine zurück. 😉
Weitere Blogposts über das Oktoberfest:
Wie es sich anfühlt, auf dem Oktoberfest zu bedienen und was dabei alles passieren kann, lest ihr in meinem Artikel: Der tägliche Wahnsinn einer Wiesnkellnerin
In meinem Artikel: Wiesn-Helden: Rikscha-Fahrer auf dem Oktoberfest geht es um einen weiteren spannenden Job auf dem größten Volksfest der Welt.
Und natürlich ganz wichtig: Die Bierpreise auf dem Oktoberfest!
6 Kommentare
Was verdienst du denn jetzt? Sind es pro Tag ca. 2.000 Euro?`
Hallo Mark, Bei 2.000 Euro am Tag und 17 Tagen Oktoberfest würde eine Bedienung nach deiner Vorstellung auf ca. 34.000 Euro kommen. Das ist weit weg von jeder Realität. Je nach Zelt und Station kann der Verdienst um einige tausend Euro schwanken. Von 2.500 bis 10.000 Euro habe ich einiges mitbekommen. Es ist sicherlich auch ein großer Unterschied ob man auf der “Oidn Wiesn” bedient oder im Marstall ein paar Promis an seinem Tisch hat. Ich hoffe du verstehst, dass hier keine eindeutige Aussage getroffen werden kann. Liebe Grüße Julia 🙂
Hi!
Ich finde den Beitrag super, eventuell spüren dich ein paar Wiesenbesucher dadurch mehr! Gute Nerven auf jeden Fall & gutes Trinkgeld 🙂
Grüsse aus dem sonnigen Zürich
Hey Paula! Danke, das motiviert mich sehr! 🙂
Grüße zurück aus dem endlich auch wieder sonnigen München
Sehr interessanter Bericht. Deine Eingangsfrage hast du aber leider auch nicht beantwortet.
Du hättest es ja in einem ungefähren Stundenlohn umrechnen können. Dann hättest du auch keine Summe nennen müssen.
Lieber Robert, danke für dein Feedback 🙂 Ja, da hast du Recht. Ich habe auch lange überlegt, ob ich Zahlen nennen soll, aber ich denke, auch ohne Beträge bekommt man einen groben Eindruck, wie es um den Verdienst der Bedienungen steht. Fakt ist: Es ist natürlich nicht ein voller Jahresverdienst, reicht aber für einen netten Urlaub und um ein paar Bafög-Schulden loszuwerden ;-).